Die schärfsten Klingen der Welt
Die Technik des Schwertschmiedens
Ein Schwert zu schmieden, bedeutete nicht schlechthin ein Handwerk auszuüben, sondern war zugleich künstlerisches und technisches Schaffen in hoher Vollendung, sowie auch eine kultische Handlung. Eine umfassende Beschreibung aller Materialien und Methoden geben zu wollen, die von japanischen Schwertschmiedemeistern in Jahrhunderten genutzt und entwickelt worden sind, würde hier den Rahmen sprengen. Von den Erfahrungen ungebrochener Tradition getragen, haben sich lokal eigenständige Methoden und spezielle Techniken entwickelt, die als strenges Geheimnis in den Schwertfegerfamilien gehütet wurden. Peinliche Sauberkeit während des gesamten Schmiedeprozesses war oberstes Gebot. Dies galt nicht nur für den Arbeitsplatz und die Geräte, sondern auch für den Meister selbst. Bevor der japanische Schwertschmied (Kaji) sein meisterliches Werk begann, vollzog er in einem rituellen Akt die Reinigung seines Körpers, legte weiße Gewänder an und verbarg das Kopfhaar unter einer schiffchenförmigen Kappe. Vor dem Götterschrein, der in jeder Schmiede seinen festen Platz hatte, konzentrierte er seinen Geist auf die vor ihm liegende Arbeit, um ihr gutes Gelingen zu gewährleisten.
Katana
Die Arbeit des Schwertfegers begann mit der Raffination des Rohstahls. Die frühen Schmiedemeister reduzierten auch das Eisenerz in eigenen Rennherden. Als Rohmaterial für die Herstellung der Schwertklingen dienten Magnethiteisenerz und eisenhaltiger Sand. Seit dem Ende des 16. Jahrhunderts wurden gelegentlich importierte Eisen- und Stahlsorten verwendet, die man als „Namban“ (von den „südlichen Barbaren“ = Holländer) bezeichnete und auswies. Zur Aufbereitung des Klingenstahls nahm der Schmied eine Platte aus weichem Eisen und belegte sie mit ausgesuchten Bruchstücken von Rohstahl. In einem Schmiedefeuer von spezieller Kiefernholzkohle wurde beides erhitzt und zusammengeschweißt, anschließend ausgeschmiedet und abgekühlt. In abwechselnder Folge wurde dieses Metallstück in der Längs- und Querachse überlappt, im Holzkohlenfeuer durchgeschmiedet und erneut gestreckt und gebreitet. Um es vor störenden Verunreinigungen zu schützen, umhüllte es der Meister zwischen den Schweißprozessen mit einem Lehmmantel, der mit Strohasche durchsetzt war. Hammer und Amboss wurden ständig von Staub befreit. Kein Haar durfte auf das Klingenmetall fallen. Fünfzehn bis zwanzig mal wiederholte der Schmied den Vorgang des Überlappens, Schweißens und Schmiedens, so dass schließlich eine einheitliche Stange entstand, die sich aus mehreren tausend Lagen Stahl zusammensetzte. Oftmals wurden drei oder vier solcher Stangen – jede war in der genannten Weise hergestellt worden – zusammengeschweißt, wiederum mehrere Male überlappt und durchgeschmiedet. Mit jedem Glühen im Kiefernholzkohlenfeuer und anschließendem Schmieden war eine Veränderung des Kohlenstoffgehalts im Stahl verbunden. Der Stahl wurde systematisch aufgekohlt, während sich der Anteil von Verunreinigungen und Schlackeresten stetig verminderte. Bevor der Schmiedemeister den Schwertkörper ausformte, brachte er in das V-förmig gebogene Metallstück aus dem bisherigen Schmiedeprozess ein Kernstück aus relativ weichem Eisen ein. Kern- und Oberflächenmaterial wurden erneut zusammengeschweißt. Auf diese Weise erzeugten die Japaner Stahlklingen, die jene einzigartige Elastizität und Härte aufwiesen, die sie vor allen anderen Schwertklingen auszeichnen.
Durch kontinuierliches Hämmern brachte der Schwertfeger am Ende die gewünschte Länge und Form der Klinge hervor. Die möglichst gering gehaltenen Unebenheiten ihrer Oberfläche glättete er anschließend mit Feilen und Schabern. Zugleich legte er die Schneide an, arbeitete die Angel aus und feilte den Durchbruch zum Befestigen des Griffholzes (Mekugi-ana) aus. Danach folgte der kritische Teil der japanischen Schwertschmiedekunst, das Härten der Schnittkante. Dieser Arbeit gingen wiederum rituelle Handlungen voraus. Die gesamte Klinge wurde mit einer dünnen Hülle aus Lehm, Flusssand und Holzkohlenpuder überzogen. In diesen Mantel zog der Meister mit einem dünnen Bambusstöckchen eine feine, gerade oder unregelmäßige Linie nahe der Schneide. Während des Trocknens entfernte er langsam den Teil des Lehmmantels zwischen der Schnittkante und jener Linie. Der Rest des Lehmgemisches trocknete an. Mit einer Zange fasste er dann die verhüllte Klinge an der Angel und hielt sie mit der blanken Schneide nach unten in ein Kiefernholzfeuer, das durch Blasebälge auf die erforderliche Temperatur gebracht wurde. Da der Schmiedemeister die richtige Hitze an der Farbe der glühenden Klingenschneide erkannte, wurde die Schmiede für diesen Prozess abgedunkelt. Eine überlieferte lyrische Anleitung enthält für das Härten folgenden Hinweis: „Man wärme den Stahl, bis er die Farbe des Mondes annimmt, wenn er sich an einem Juni- oder Juliabend rüstet, seine Reise über den Himmel anzutreten.“ Die glühende Klinge wurde in bereitstehendem Wasser abgeschreckt, dessen Temperatur nach jener Beschreibung die des „Wassers im Februar oder August“ haben sollte. Am Rand des Lehmmantels entstand eine Härtelinie, die auf den Schwertklingen deutlich zu erkennen ist, da sich der härtere Teil des Stahls auf der polierten Klinge heller absetzt. Die Form der Härtelinie (Hamon) ist sehr wichtig bei der Bewertung eines Schwertes. Am Ende seiner langwierigen Arbeit prüfte der Schwertfeger sein Werk gründlich und kritisch. Schließlich signierte er die Angel mit seinem Namen, seinem Titel, dem Ort und dem Namen des Auftraggebers oder des Tempels, dem das Schwert geweiht wurde. Erst danach händigte er es dem „Katana-togi“ aus, der die Schneide schärfte und die noch rohe Fläche der Klinge polierte. Mit Hilfe von neun Poliersteinen verschieden feiner Konsistenz, die er nacheinander vom Gröbsten zum Feinsten einsetzte, gab er dem Metall zunächst eine stumpfe Politur. Bis zu 15 Tage benötigte er zu dieser Tätigkeit. Um die Klinge nicht mit der Hand zu berühren, hielt er sie mit einem Stück Stoff, wenn er den Metallkörper vor- und rückwärts auf dem festgesetzten Stein über einem Wasserbottich rieb. Im Wasser wurden alle Staubteile sofort gebunden. Ihren strahlenden Glanz erhielt dann die Klinge, wenn sie der Polierer zuletzt mit feinstem Steinpulver abrieb.